Trinkwasser- und Abwassergebühren ab 01.01.2021

In den vergangenen zehn Jahren im Abwasser- und sechs Jahren im Trinkwasserbereich konnte der ZWA Saalfeld-Rudolstadt die Gebühren für seine Kundschaft stabil halten! Und das, obwohl die Betriebskosten zusehends steigen.
Zum 31.12.2020 lief der letzte Gebührenkalkulationszeitraum ab. Gesetzlich normiert ist, dass ein Gebührenkalkulationszeitraum in Thüringen maximal vier Jahre umfassen darf, mindestens muss ein Jahr kalkuliert werden. Anschließend muss der ZWA die tatsächlich entstandenen Kosten überprüfen und die zukünftigen Gebühren neu berechnen. Der letzte Gebührenkalkulationszeitraum 2017 bis 2020 umfasst bereits die maximal gesetzlich zulässige Anzahl an Jahren. Unglücklicherweise fällt die Gebührenneuberechnung in einen denkbar ungünstigen Zeitraum, denn in Zeiten der Corona- Pandemie hätten wir gerne von einer Gebührenneuberechnung abgesehen. Leider sind die gesetzlichen Grundlagen in diesem Bereich besonders streng und lassen nach Ablauf von 4 Jahren Kalkulationszeitraum keine Verlängerung oder Ähnliches zu. Eine entsprechende Anpassung der gesetzlichen Grundlagen im Rahmen der Pandemiebewältigung erfolgte seitens des Gesetzgebers nicht.
Betrachtet man wirtschaftlich die letzten fünf Jahre in Deutschland, so muss man feststellen, dass es verschiedene Entwicklungen gibt, die sich auf die wirtschaftliche Situation des Zweckverbandes auswirken. So kletterte beispielsweise der Verbraucherpreisindex teilweise auf über 20%! Das lässt schon erahnen, dass der Kostendruck auf die wirtschaftliche Tätigkeit erheblich zugenommen hat. Nach langer und kritischer Haushaltsplanung und Neuberechnung der Gebühren im Jahr 2020 musste der Zweckverband feststellen: „Die Gebühren müssen angepasst werden“. Doch worin liegen die Gründe für die Kostensteigerung, die letztlich zu der Gebührenerhöhung führen?

Der Klimawandel als bedeutender Faktor im Trinkwasserbereich

Der Klimawandel ist eines der Topthemen in Politik und Wirtschaft. Für uns als Bürger ist dieser selten direkt greifbar. Es ist ein schleichender Vorgang, der nicht über Nacht zu Veränderungen in unserem täglichen Leben führt. Im Bereich Trinkwasser erkennt der Zweckverband erste eindeutige Zeichen, dass der Klimawandel zu ganz greifbaren Problemen führt. Quellen, die noch vor 20 Jahren munter sprudelten, liefern nun nicht mehr die nötige Qualität und Quantität. Das Einhalten von Grenzwerten wird immer schwieriger, weil mehr Schadstoffe sich in immer geringeren Wassermengen konzentrieren. Der Zweckverband verfolgt die Entwicklung mit großer Sorge, denn Veränderungen in der Trinkwasser-Infrastruktur bedürfen einem erheblichen zeitlichen Vorlauf. Hochbehälter, Pumpwerke und Leitungen, die teilweise sehr veraltet sind, müssen saniert und an die neuen Anforderungen angepasst werden. In Bereichen, wo das Wasser ganz versiegt, müssen ganz neue Versorgungskonzepte entwickelt und einzelne Versorgungsgebiete überregional verbunden werden. Im nordöstlichen Verbandsgebiet hat der ZWA daher schon reagiert und plant weitere Gemeinden an das Fernwasser aus der Talsperre Leibis-Lichte anzuschließen. Auch im südlichen Verbandsgebiet von Gräfenthal bis Reichenbach im Loquitztal werden die Orte vernetzt und Quelldargebote außer Betrieb genommen.
Derartige Maßnahmen bedeuten für uns Investitionen und damit einen erheblichen Finanzbedarf. Der Investitionsplan der nächsten vier Jahre spiegelt dies wieder. Im Durchschnitt werden 11,5 Mio. Euro pro Jahr eingeplant. Dieser Finanzbedarf hat über Zinsen und Abschreibungen einen direkten und stetigen Einfluss auf die Gebührenhöhe.

Erhöhte gesetzliche Vorschriften im Abwasserbereich

Im Abwasserbereich sieht sich der Zweckverband mit zunehmend verschärften gesetzlichen Bestimmungen konfrontiert.
Im Bereich der Klärschlammentsorgung, also den Resten aus der Abwasseraufbereitung, werden die Möglichkeiten der ordnungsgemäßen Entsorgung durch gesetzliche Bestimmung deutlich eingeschränkt. Eine landwirtschaftliche Verwertung des Klärschlamms wird stufenweise verboten und soll zukünftig durch die reine thermische Verwertung mit Phosphorrückgewinnung ersetzt werden. Das ist gut für die Umwelt, jedoch trifft diese Zielsetzung auf einen kaum vorhandenen Markt. Da es für die bundesweit vorhandene Menge an Klärschlamm kein ausreichendes Entsorgungsangebot gibt, ist die Preisentwicklung erschreckend. Bereits jetzt musste der Zweckverband bei den Kosten für die Klärschlammverwertung für das Jahr 2020 eine Preissteigerung von 45% innerhalb von vier Jahren verzeichnen.
Ein anderes wichtiges Thema, welches das Baugeschehen des Zweckverbandes in den nächsten 15 Jahren massiv beeinflussen wird, ist die Umsetzung des Thüringer Wassergesetzes. Thüringen hat sich zum Ziel gesetzt, dass im Freistaat in der Endkonsequenz rd. 95 Prozent der Haushalte im Verbandsgebiet an die öffentliche Kanalisation mit zentraler Kläranlage angeschlossen werden sollen. Aktuell liegen wir im Verbandsgebiet bei einem Anschlussgrad von 84 Prozent. Nachdem in den vergangenen Jahrzehnten der Anschlussgrad, ausgehend von den großen zentralen Kläranlagen in den Ballungsräumen, erweitert wurde, erfolgt der weitere Anschluss vor allem im ländlichen Raum. Der Zweckverband ist sich seiner Verantwortung bewusst und strebt seit der Gründung einen hohen Anschlussgrad an. Der Anschluss des ländlichen Raumes birgt, gegenüber dem städtischen Bereich, eine Besonderheit: die Erhöhung des Anschlussgrades setzt zunächst die „Überbrückung“ von weiten Teilstrecken voraus. Hierfür sind neue Verbindungssammler notwendig, deren Bau Zeit und hohe finanzielle Anstrengungen erfordert. Zwar wurden die gesetzlichen Anforderungen an die Zweckverbände verschärft, eine entsprechende Anpassung der ausgereichten Fördermittel, die die Auswirkungen auf die Gebühren abfedern würde, wurde jedoch nicht in gleichem Umfang gesetzlich geregelt. Das Investitionsvolumen steigt daher seit Jahren erheblich an und umfasst für die nächsten vier Jahre im Durchschnitt 22,5 Mio. Euro pro Jahr. Um diesen enormen technischen und finanziellen Herausforderungen zu begegnen, hat sich der Zweckverband entschieden, eine Grundgebühr einzuführen. Das betrifft aber nur die Volleinleiter, also die Kunden, deren Abwasser in einer zentralen, d.h. verbandseigenen Kläranlage aufbereitet wird. Denn nur in diesen Bereich werden Verbindungssammler zum Transport des Abwassers in die zentralen Kläranlagen benötigt. Kunden, welche eine eigene Kleinkläranlage auf ihrem Grundstück betreiben, betrifft diese neue Grundgebührenregelung ausdrücklich nicht!

Eine Generationenaufgabe

Zu diesen Herausforderungen kommen noch weitere Einflussfaktoren hinzu. So ist im Baugewerbe seit Jahren eine enorme Kostensteigerung zu verzeichnen. Die Baupreise übersteigen die geplanten Kosten teilweise erheblich, was zu Bauverzögerungen und steigenden Gebühren führt.
Den bundesweiten Bestrebungen einer grundlegenden Digitalisierung der öffentlichen Verwaltungen und Behörden schließen wir uns gerne an, denn auch wir wollen unsere Arbeitsabläufe effizienter und kundenfreundlicher gestalten. Daraus ergeben sich jedoch zusätzliche Ausgaben in neue Computerprogramme und qualifizierte Mitarbeiter.
Bei all diesen Herausforderungen müssen wir unsere Hauptaufgabe immer im Fokus behalten, die Ver- und Entsorgungssicherheit aller Bürger im Verbandsgebiet. Trinkwasser und Abwasser gehören zur lebensnotwendigen Infrastruktur und diese benötigt dauerhafte Instandhaltung und vorrauschauendes Handeln. Wir wollen die vorhandene Infrastruktur erhalten und entsprechend den gesetzlichen und tatsächlichen Anforderungen anpassen bzw. erweitern. Natürlich kann dies nur in einem vertretbaren wirtschaftlichen Rahmen geschehen, deswegen verfolgen wir eine langfristige und dauerhafte Strategie. Aber auch für die nächste Generation sollten sauberes Trinkwasser und saubere Flüsse bezahlbar bleiben und keine Luxusgüter werden. Die Gebührenerhöhung zum 01.01.2021 soll uns hierfür die notwendigen finanziellen Möglichkeiten eröffnen, um die geplanten und notwendigen Maßnahmen rechtzeitig umzusetzen, bevor die Entwicklung wirtschaftlich und versorgungstechnisch einen kritischen Verlauf nimmt.

Unsere Gebühren ab 01.01.2021 finden sie unter: https://www.zwa-slf-ru.de/service/gebuehren